Mein Praktikum am Lac Léman
Erfahrungsbericht einer FMS-Schülerin
Um nicht nur ihre fachlichen, sondern auch ihre sprachlichen und sozialen Kompetenzen zu stärken, entschied sich Lorena (18) im Jahr 2022 für ein Praktikum am Centre d’accueil temporaire (CAT) Le Parasol in Montreux. Ihr Fazit nach den 8 Monaten: «Ich kann einen Aufenthalt mit Praktikum in einem anderen Sprachgebiet aus voller Überzeugung empfehlen.»
Eine schwierige Suche
Um meine Fachmatur im Profil Gesundheit und Naturwissenschaften zu erlangen, musste ich ein 30-wöchiges Gesundheitspraktikum absolvieren. Normalerweise wird das im Kanton Zürich von der Organisation der Arbeitswelt Gesundheit organisiert. Da ich das Praktikum aber mit einem Sprachaufenthalt kombinieren und mal für längere Zeit von zu Hause wegwollte, suchte ich einen Praktikumsplatz in der französischsprachigen Schweiz.
Obwohl alle meine Idee gut fanden, gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten Praktikumsplatz schwierig. Erst als ich schon mitten in den Abschlussprüfungen war und die Hoffnung fast aufgegeben hatte, meldete sich das CAT Le Parasol in Montreux. Ein absoluter Glückstreffer!
Nach einem Interview vor Ort wurde ich angestellt und durfte ein paar Wochen später meine Stelle antreten. Damit ich mich rechtzeitig in Montreux einrichten konnte, halfen mir meine Eltern bei der Wohnungssuche und unterstützten mich während der ganzen Zeit auch finanziell, denn mein Lohn deckte die laufenden Kosten nicht.*
Die Ankunft in Montreux
Der Anfang in Montreux war extrem anstrengend. Vieles war neu: Ich war nicht nur das erste Mal am Arbeiten und wohnte das erste Mal alleine, sondern war auch in einer völlig neuen Umgebung, weit weg von zu Hause und musste mich den ganzen Tag auf Französisch verständigen.
Das Team im CAT war sehr nett und dank den klaren Strukturen, welche den Tag für die Seniorinnen und Senioren gliederten, gewöhnte ich mich schnell ein und durfte bald sogar eigene Aktivitäten planen und durchführen. Es half auch, dass die Seniorinnen und Senioren Zeit hatten und gerne erzählten. So konnte ich meine Französischkenntnisse täglich verbessern.
Neben der Arbeit im CAT besuchte ich an zwei Abenden pro Woche zwei unterschiedliche Französisch-Kurse und schrieb meine Fachmaturarbeit. Damit wäre mein Tag eigentlich schon mehr als voll gewesen. Da ich aber alleine wohnte, musste ich auch noch den ganzen Haushalt erledigen, von einkaufen über kochen, Wäsche waschen und bügeln bis putzen. Ich musste schnell lernen, mich zu organisieren, um alles zu schaffen.
Eine Erfahrung fürs Leben
Es gab natürlich Momente, die sehr stressig waren und die mir Angst machten. Gleichzeitig war es eine wundervolle Erfahrung, selber für mein Leben verantwortlich zu sein, nach meinen eigenen Regeln zu leben und spontan Entscheidungen treffen zu können, ohne auf andere Rücksicht nehmen zu müssen. Dadurch konnte ich meine Selbstkompetenzen massiv verbessern.
Auch meine Sozialkompetenzen konnte ich stark erweitern. Die Arbeit mit älteren Menschen forderte mir viel ab. Ich musste lernen, geduldig zu sein, langsam, laut und deutlich – auf Französisch – zu sprechen und auf Leute einzugehen, die physische oder psychische Schwierigkeiten hatten oder an Demenz litten. Ihre Freundlichkeit und Dankbarkeit entschädigten mich aber für alle Mühen. Fast nebenbei konnte ich mein Französischniveau von einem B1 auf ein C1 verbessern. Heute muss ich mir nicht mehr einen Satz mühsam im Kopf zusammenbasteln, bevor ich ihn sage, sondern kann mich fliessend über alle möglichen Themen unterhalten.
Die acht Monate in Montreux waren eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich durfte in einer wunderschönen Stadt am Lac Léman («Genfersee» ist in Montreux ein absolutes No-Go) wohnen und arbeiten, entwickelte mich sowohl persönlich als auch sozial weiter und erhielt eine neue Sicht auf die Welt. Ich lernte, dass ich Schwierigkeiten alleine überwinden kann und bekam Lust, mich auch in Zukunft immer wieder neuen Situationen auszusetzen. Ich kann einen Aufenthalt mit Praktikum in einem anderen Sprachgebiet aus voller Überzeugung allen wärmstens empfehlen.